Laboruntersuchungen sind nur dann medizinisch notwendig, wenn ihnen ein konkretes, auf den Patienten bezogenes Behandlungs- und Therapiekonzept zugrunde liegt


Leitsätze (nicht amtlich):

Laboruntersuchungen sind nur dann medizinisch notwendig, wenn ihnen ein konkretes, auf den Patienten bezogenes Behandlungs- und Therapiekonzept zugrunde liegt.

Laboruntersuchungen brauchen einen konkreten Bezug zu (Verdachts-) Diagnosen. Entscheidend sind ebenfalls aus den Laborwerten abzuleitende mögliche therapeutische Konsequenzen.

Sachverhalt:

Die Beteiligten, ein Versicherungsnehmer und eine private Krankenversicherung, streiten über die Erstattung von Aufwendungen für Heilbehandlungen wegen Krankheit.

Im Einzelnen standen bei den Diagnosen Diabetes mellitus Typ II, regelmäßige Darmbeschwerden, Schwindelzustände und Fascilitis plantaris extrakorporale Stoßwellentherapien, Akupunkturbehandlungen, thermografische Untersuchungen durch elektronische Infrarotmessung, Infusionstherapien, Arzneimittelverordnungen und Labordiagnostik in Streit.

Die private Krankenversicherung lehnte die Erstattung wegen fehlender medizinischer Notwendigkeit ab.

Das erstinstanzlich angerufene LG Wuppertal hat die Klage sachverständig beraten abgewiesen.

Entscheidung:

Die Berufung des klagenden Versicherungsnehmers wurde ebenfalls zurückgewiesen.

Eine Heilbehandlung sei jegliche ärztliche Tätigkeit, die durch eine Krankheit verursacht worden ist, sofern die Leistung des Arztes von ihrer Art her in den Rahmen der medizinisch notwendigen Krankenpflege falle und auf Heilung, Besserung oder Linderung der Krankheit abziele. Dem sei eine ärztliche Tätigkeit gleichzusetzen, die auf eine Verhinderung der Verschlimmerung einer Krankheit gerichtet sei. Die diagnostischen Maßnahmen, die zu Beginn einer ärztlichen Maßnahme anstehen, gehörten bereits zur Heilbehandlung. Der Versicherungsfall ende, wenn nach medizinischem Befund eine Behandlungsbedürftigkeit nicht mehr bestehe.

Medizinisch notwendig sei eine Behandlungsmaßnahme, wenn es nach den objektiven medizinischen Befunden und wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Zeitpunkt der Behandlung vertretbar war, sie als medizinisch notwendig anzusehen. Dabei sei allein auf die grundsätzliche Eignung einer Maßnahme für den möglichen Behandlungserfolg abzustellen. Völlig ohne Relevanz sei, ob tatsächlich ein Behandlungserfolg eingetreten ist oder nicht. Entscheidend sei eine ex-ante-Sicht, also die zum Zeitpunkt des Beginns der Behandlungsmaßnahme zu treffende Prognose. Gegenstand der Beurteilung könnten nur die objektiv medizinischen Befunde und Erkenntnisse zum Zeitpunkt der Vornahme der Behandlung sein. Vertretbarkeit liege vor, wenn die Maßnahme sowohl in begründeter und nachvollziehbarer wie wissenschaftlich fundierter Vorgehensweise das Zugrundelegen der Leiden diagnostisch hinreichend, aber auch nicht überzogen erfasse und eine adäquate geeignete Therapie anwende. Daran fehlt es jedoch, wenn weder in der Abfolge von Untersuchungen selbst noch aus den Krankenunterlagen ein Behandlungs- oder Therapiekonzept zu erkennen sei.

Hier von Interesse ist die Auffassung des Gerichts zur Labordiagnostik.

Laboruntersuchungen seien nur dann medizinisch notwendig, wenn ihnen ein konkretes, auf den Patienten bezogenes Behandlungs- und Therapiekonzept zugrunde liege.

Soweit die Behandlungen einer sog. Verlaufskontrolle gedient hätten und diverse Laborbefunde aufgrund Abstrichmaterials oder Blutproben erhoben worden wären, fehlt es an der Schlüssigkeit des Vorbringens. Das gelte schon deshalb, weil es an einem klaren Bezug zu den gestellten Diagnosen fehle. Insbesondere sei ohne nähere Angaben zu den Diagnosen nicht dargetan, wozu es der Kontrolle der jeweiligen Werte und der Infusionen bedurfte und anhand welches Therapiekonzeptes ein Abgleich mit entsprechenden Auswirkungen auf das vorhandene Therapiekonzept vorgenommen worden sei. Selbst dort, wo sich erschließen möge, weshalb die Werte erhoben worden seien, so z.B. der PSA-Wert für den Kläger, fehle es an Angaben zum konkreten Behandlungs- und Therapiekonzept, welches der Mittelverabreichung zugrunde lag und welches damit auch maßgebend für die im Wege der Verlaufskontrolle zu erhebenden Befunde sowie die hieraus abzuleitenden therapeutischen Konsequenzen wären. Die Angabe des Behandlers, eine komplementär-immunologische Strategie gewählt zu haben, sei zu pauschal und genüge hierfür nicht. Ebenso wenig vermögen allgemeine Ausführungen in den zur Akte gereichten pharmakologischen Erläuterungen zu einzelnen Mitteln einen auf die konkreten Mittelverabreichungen sowie den Kläger seinen Diagnosen zugeschnittenen Sachvortrag ersetzen.

Die Vorlage der Auswertungen mit den Laborwerten zu den jeweiligen Zeitpunkten ändere hieran nichts. Insbesondere ersetze diese keine Angaben zu einem Behandlungs- und Therapiekonzept. Vielmehr hätte der Kläger aufzeigen müssen, welche Schritte aus den erhobenen Laborbefunden abgeleitet worden seien und weshalb es der weiteren Kontrolle bedurfte.

Praxistipp:

Diese Entscheidung gibt Erläuterungen zur medizinischen Notwendigkeit von Laboruntersuchungen und anderen Heilbehandlungsmaßnahmen. Laboruntersuchungen sind nur dann medizinisch notwendig, wenn ihnen ein konkretes, auf den Patienten bezogenes Behandlungs- und Therapiekonzept zugrunde liegt. Laboruntersuchungen brauchen insoweit einen konkreten Bezug zu (Verdachts-) Diagnosen. Entscheidend sind ebenso aus den Laborwerten abzuleitende therapeutische Konsequenzen. Auch hier hat die Aussage Gültigkeit: Keine Diagnostik ohne mögliche therapeutische Konsequenz. Selbstverständlich müssen alle diese Voraussetzungen aus der Patientenakte ableitbar sein.

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