Medizinische Laborleistungen in der Umsatzsteuer


Amtlicher Leitsatz:

Medizinische Analysen, die von einem in privatrechtlicher Form organisierten Labor außerhalb der Praxisräume des praktischen Arztes, der sie angeordnet hat, durchgeführt werden, können nach § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG steuerfrei sein.

Sachverhalt:

Die Klägerin, eine GmbH, betrieb im Streitjahr ein medizinisches Labor, in welchem biologisches Probenmaterial untersucht wurde. Ihre Aufträge erhielt sie von den Patienten. Diesen gegenüber rechnete die GmbH ihre Leistungen auch ab. Die Proben wurden ihr von Ärzten und Heilpraktikern zugesandt. In dem Labor waren unter anderem ein promovierter Biologe und ein promovierter Chemiker angestellt. Diese führten die Auswertung der Laborergebnisse durch. Im Übrigen stand das Labor unter der Leitung eines Allgemeinmediziners, der die Analytik der Testverfahren und auffällige Befunde kontrollierte. Das beklagte Finanzamt ging von der Umsatzsteuerpflichtigkeit der durch die Klägerin erbrachten Leistungen aus. Das Gericht der ersten Instanz folgte der Auffassung der Klägerin und sah eine Befreiung von der Umsatzsteuerpflicht als gegeben an. Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit der Revision.

Entscheidung:

Der BFH hat in seiner Entscheidung das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und zur erneuten Verhandlung an das Finanzgericht zurückverwiesen. Das Ausgangsgericht habe – so der BFH – zu Unrecht bei der Prüfung einer etwaigen Umsatzsteuerfreiheit der erbrachten Laborleistungen den Fokus nur auf den § 4 Nr. 14 a) UStG gelegt. Vielmehr wäre bei einer Sachverhaltskonstellation wie der vorliegenden, wonach die Laboruntersuchungen außerhalb der Praxisräume des sie anordnenden praktischen Arztes durchgeführt wurden, der Tatbestand des § 4 Nr. 14 b) UStG zu prüfen gewesen. Die streitentscheidenden Normen setzen jeweils Unionsrecht, namentlich Art. 132 Abs. 1 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSysRL) in nationales Recht um. Nach dem EuGH erfolgt die Abgrenzung zwischen beiden Tatbestandsvarianten nach dem Ort, an dem die Leistungen erbracht werden. Wird die Laborleistung in einer Einrichtung mit sozialer Zweckbestimmung als Gesamtheit einer ärztlichen Heilbehandlung erbracht, ist diese nach § 4 Nr. 14 a) UStG bei Vorliegen der weiteren Tatbestandsvoraussetzungen von der Umsatzsteuer befreit. Werden hingegen die entsprechenden Leistungen außerhalb von Krankenhäusern und ähnlichen Einrichtungen im Rahmen eines persönlichen Vertrauensverhältnisses zwischen dem Patienten und dem Behandelnden erbracht, sind diese gemäß § 4 Nr. 14 b) UStG zu beurteilen. Dies sei nach Auffassung des BFH bei einem privatrechtlich organisierten Labor außerhalb der Praxisräume des behandelnden Arztes grundsätzlich der Fall, ohne dass es auf ein besonderes Vertrauensverhältnis ankäme. Dabei stützt sich das Gericht auf die Gesetzesbegründung, wonach Leistungen der Einrichtungen von Laborärzten oder klinischen Chemikern ausdrücklich dem § 4 Nr. 14 b) S. 2 bb) UStG zugeordnet werden. Vorliegend hatte das Ausgangsgericht keine Feststellungen zu einer möglichen Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 b) bb) UStG getroffen, sodass eine abschließende rechtliche Beurteilung des genannten Sachverhalts an dieser Stelle nicht möglich war.

Praxistipp:

Mit dieser Entscheidung ändert der BFH seine Rechtsprechung dahingehend, dass er das Vorliegen eines besonderen Vertrauensverhältnisses zwischen Patienten und Leistungserbringer – entgegen seiner vorherigen Auffassung – nicht mehr als zwingende Voraussetzung für eine Umsatzsteuerbefreiung ansieht, sofern die betroffenen Streitjahre nach der Gesetzesänderung im Jahr 2009 liegen. Die weitere Entwicklung dieser Thematik sollte jedoch im Blick behalten werden, da der BFH Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit des § 4 Nr. 14 b) bb) UStG mit europäischem Recht äußert und zum anderen weitere Entscheidungen eines anderen Senats zu diesem Thema ausstehen. Ob sich der XI. Senat der neuen Rechtsprechung des V. Senats anschließt, bleibt abzuwarten.

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